Veränderungen in der Automobilindustrie werden sich bereits in den kommenden fünf Jahren spürbar auf einzelne Zuliefererbereiche auswirken, prognostiziert Atradius
Der Wandel in der Automobilbranche hin zu mehr elektrisch angetriebenen, digital vernetzten und mit leichteren Bauteilen ausgestatteten Modellen wird bereits in den kommenden fünf Jahren die Zahlungsfähigkeit in einzelnen Zuliefererbereichen spürbar verschlechtern. Das prognostiziert der internationale Kreditversicherer Atradius. Finanzielle Engpässe drohen demnach kleineren und mittleren Unternehmen, die hauptsächlich Getriebe sowie klassische Verbrennungsmotoren oder Komponenten hierfür herstellen, außerdem Metallverarbeitern und Anbietern von Bauteilen für Abgassysteme.
„Der rasante Innovationswettbewerb und die steigende technische Komplexität in Automobilen führen dazu, dass von den Zulieferern so viel Forschungs- und Entwicklungsaufwand verlangt wird wie nie zuvor“, sagt Michael Karrenberg, Regional Director Risk Services bei Atradius für Deutschland, Mittel-, Nord- und Osteuropa sowie für Russland und die GUS-Staaten. „Auf Firmen, die sich auf die ‚alte‘ Mobilität spezialisiert haben, erhöht sich der finanzielle Druck weiter. Um am Markt bestehen zu können, müssen sie sich verändern. Schwer haben werden es dabei kleine und mittlere Akteure, denen selbst die Kapazitäten fehlen, um Innovationen zu entwickeln und umzusetzen. Sie sind darauf angewiesen, einen finanzstarken Kooperationspartner zu finden.“
Margen kleiner Zulieferer rückläufig
Bereits in den vergangenen Jahren hat sich die Profitabilität kleinerer Automobilzulieferer rasch verschlechtert, wenn ihre Produkte substituierbar wurden und sie hohem Konkurrenzdruck ausgesetzt waren. Die Margen dieser Unternehmen sind insgesamt zurückgegangen. „Zwar sehen wir in unmittelbarer Zukunft noch keine generelle Verschlechterung des Zahlungsrisikos einzelner Zuliefererbereiche. Mittelfristig wird sich die Zahl der Zahlungsverzögerungen und -ausfälle in einigen Bereichen aber erhöhen, wenn sie sich nicht wandeln“, erläutert Michael Karrenberg.
Atradius bewertet das Ausfallrisiko für einen Lieferantenkredit bei allen Abnehmern im Automobilbereich individuell auf Basis von Finanzkennzahlen und weiteren Daten. Ein erhöhtes Liquiditätsrisiko sieht der weltweit zweitgrößte Kreditversicherer bei kleinen und mittleren Zulieferern, die ein wenig diversifiziertes Produktportfolio haben, weder global aufgestellt noch kapitalmarktfähig sind und in einem Segment agieren, das keine Zugänge zu Märkten außerhalb des Automobilbereiches bietet.
Gering schätzt Atradius hingegen die Insolvenzgefahr bei größeren Zulieferern ein, die die Autohersteller direkt beliefern und eine große Markt- und Preissetzungsmacht besitzen. Ihnen stehen in den meisten Fällen ausreichend Mittel zur Verfügung, um auf die aktuelle Branchenentwicklung reagieren zu können.
Gewinner-Branchen der „neuen“ Mobilität
Zu den Gewinnern der aktuellen Entwicklung zählt Atradius vor allem Firmen mit Leichtbau-Know-how, Batteriehersteller und Stromanbieter sowie Software-Unternehmen.
Die Nachfrage bei Anbietern von Kunststoffen, mit denen sich Metallteile in Autos ersetzen lassen und die somit durch Gewichtseinsparung zu weniger Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß beitragen, wird weiter steigen. Darüber hinaus werden Heizungs-, Klima- und Isolationstechnologien noch stärker zur Anwendung kommen.
Je mehr elektronische Antriebe Einzug in das Automobil finden, desto mehr werden Anbieter von Batterien und Strom in der Branche gefragt sein.
Vielfältige Chancen dürften sich langfristig auch für Produkte und Services von Software-Unternehmen ergeben, die die Technik für vernetzte Autos liefern – insbesondere, wenn in Zukunft Rechtssicherheit in Bezug auf autonome Fahrsysteme besteht. „Wie schnell sich das vollvernetzte Auto dann durchsetzen wird, hängt letztlich davon ab, wann der überwiegende Teil der Menschen die neuen Technologien akzeptiert und ihr im Hinblick auf Fahrsicherheit und Datenschutz vertraut“, sagt Michael Karrenberg. „Dadurch kann sich aber das unternehmerische Risiko für den Hersteller unter Umständen wieder erhöhen, wenn die Haftung bei einem Unfall eines autonom gesteuerten Fahrzeugs bei ihm liegt.“
Hintergrund: Weltweite Nachfrage nach Mobilität steigt
Mit dem Wachsen der Weltbevölkerung wird auch die Nachfrage nach Mobilität in den kommenden Jahrzehnten steigen. Das zunehmende Umweltbewusstsein, veränderte Verbrauchernachfrage und politische Vorgaben wirken sich dabei auf die Anforderungen an die künftigen Modelle aus. Prognosen zufolge wird die Produktion von Fahrzeugen mit klassischem Verbrennungsmotor zurückgehen. In der Folge steigt erst der Anteil der Hybrid- und dann der Anteil der Elektrofahrzeuge sukzessive an. Atradius schätzt, dass alternative Antriebstechnologien wie Hybrid- und Elektro bis 2030 in rund 50 % der hergestellten Fahrzeuge zum Einsatz kommen. Zudem werden die Autos der Zukunft immer komplexer durch mehr Elektronik und Unterhaltungselemente.
Über Atradius
Atradius bietet weltweit Kreditversicherung, Bürgschaften und Inkassodienste mit seiner strategischen Präsenz in mehr als 50 Ländern an. Atradius hat Zugang zu Bonitätsinformationen von 240 Millionen Firmen weltweit. Mit den Kreditversicherungs-, Bonding- und Collections-Produkten von Atradius können sich Unternehmen auf der ganzen Welt vor Ausfallrisiken schützen, die mit dem Verkauf von Waren und Dienstleistungen auf Warenkredit verbunden sind. Atradius ist Teil der Grupo Catalana Occidente (GCO.MC), die in Spanien zu den größten Versicherern und weltweit zu den größten Kreditversicherern gehört.
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